Samstag, 16. Februar 2019
Tigers and Sharks
Wir haben in unserem Leben nie etwas erschaffen. Wir sind gerannt, nur um des rennen Willens. Wir haben nichts erreicht und nichts geschafft. Unser Leben ist ein Marathon, dessen Ziel sich kontinuierlich bewegt. Einmal am Ende der Welt, einmal am Ende der Straße. Immer gleich entfernt, immer unterschiedlich weit weg. Wir haben nie etwas anderes gekonnt, als zu rennen. Wir haben nie etwas anderes gewollt, als zu fallen. Wir wollten fallen, miteinander. Wir wollten fallen, füreinander. Wir haben nie gestrauchelt, wir wurden doch immer gepusht, immer weiter bewegt. Die Stimme in uns trieb uns an, der Wille zu rennen war so präsent, wir konnten ihn an keinem Tag ignorieren. Heute sind wir gestrauchelt. Wir stolperten über den Kies, legten uns aufs Maul, blieben liegen. Fresse voller Steine und Dreck. Die Stimme in uns pocht an die Innenseite der Schädeldecke, wie ein gottverdammter Hammer auf den Nagel. “Steh auf, du musst rennen, rennen.” Wir spucken auf den Boden. “Du kannst nichts als rennen.” Blut vermischt mit Dreck. “Kannst nichts besser als rennen.” Und wir schreien uns an, graben die Fäuste in den Kies, schlagen unsere Knöchel auf und schreien. Wir schreien einfach. Ich schreie dich an, du schreist mich an. Und dann ganz langsam werden wir leise, die Handflächen blutig, das Herz rast und um uns ist es still. Wir schauen uns an, ich dich, du mich und da wird es uns klar. Mir wird klar, dass ich du bin. Dass wir niemals ein “wir” waren. Ich war schon immer Ich und alles was ich jemals konnte, war vor dir weg zu laufen. Mein Ziel war immer nur vor dir weg zu rennen und vielleicht muss ich selbst fallen, um mir aufzufallen. Mir ist aufgefallen, ich bin du. Ich kann nicht vor mir wegrennen. Nicht mal um des rennen Willens. Ich bin du.
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